Als Anthurium besseae aff. werden grundsätzlich Anthurien bezeichnet, welche der Anthurium besseae ähneln, aber nicht sicher derselben Spezies zuzuordnen sind. Zur genaueren Erklärung der Bezeichnung "aff."
Im Hobby ist der Begriff bzw. die Spezies Anthurium besseae aff. jedoch etwas spezifischer aufzufassen. Es handelt sich um Pflanzen, welche unter diesem Namen insbesondere durch ecuadorianische Gärtnereien vertrieben werden. Ob der Name Anthurium besseae aff. in wissenschaftlicher Hinsicht gerechtfertigt ist oder ob nicht ein anderer Name passender gewesen wäre, ist diskutabel.
Letztendlich ist man sich mittlerweile zumindest einig, dass bei Verwendung dieses Namens eine bestimmte Pflanze bzw. Gruppe an Pflanzen gemeint ist. Doch warum Gruppe?
Hierzu muss man einen Blick auf die Historie dieser Artbezeichnung werfen. Als größere ecuadorianischer Züchtereien 2021 Pflanzen unter diesem Namen herausgebracht haben, handelte es sich in der Regel um Pflanzen, welche eine große Ähnlichkeit zu Anthurium crystallinum aufwiesen, sich aber in gewissen Eigenschaften von dieser unterschieden.
Gemeinsam haben beide die prägnanten Venen mit silbriger Doppelkontur, die dunkel-samtige Blattoberfläche sowie eine grundsätzlich herzförmige Blattform. Doch auch die Unterschiede sind nennenswert. So zeichnen Anthurium besseae aff. insbesondere die ölig-dunkelblau erscheinenden neuen Blätter, die eher grünlich-gelben anstatt weißen Venen und die oft etwas dunklere Grundfarbe der Blätter im ausgehärteten Zustand aus. Die Blattform ist zudem bei Anthurium besseae aff. deutlich variabler. So gibt es z.B. Pflanzen mit sehr weitem Sinus, sehr länglicher Blattform oder speziellen Venenvariationen, welche man bei Anthurium crystallinum so nicht vorfindet.
Einige spezielle Klone von Anthurium besseae aff. haben es sogar unter eigenständigen Formnamen, wie z.B. 'Turtleback', 'Narrow', 'Flat Sinus', 'Spider' oder 'Blackbird' eine gewisse Bekanntheit erlangt.
Anthurium crystallinum weist eine grundsätzlich eher homogene herzförmige Blattform mit engem Sinus auf, welcher gelegentlich sogar um wenige Zentimeter oberhalb der Petioleninsertion geschlossen sein kann. Auch die Infloreszenz unterscheidet sich bei beiden genannten Spezies. Die Infloreszenz von Anthurium besseae aff. weist einen grünen Kolben auf, welcher sich später gelblich verfärbt, während der Kolben von Anthurium crystallinum häufig bräunlich-violett gefärbt ist, aber auch in grünlicher Form vorkommt. Interessanterweise entspricht hierbei der Kolben von Anthurium besseae aff. eher der wissenschaftlichen Beschreibung von Anthurium crystallinum, als der von Anthurium crystallinumselbst. Die Infloreszenz von Anthurium besseae aff. versprüht zudem einen prägnanten süsslichen Geruch, der manche an Ananas erinnert und an dem sich die Geister scheiden, ob er als angenehm oder unangenehm empfunden wird. Die Infloreszenz von Anthurium crystallinum ist weitestgehend geruchlos.
Doch warum ist es entscheidend, diese beiden Spezies gegenüberzustellen?
In der wissenschaftlichen Beschreibung ist klar definiert, wie Anthurium crystallinum aussieht. Da die Beschreibung jedoch sehr alt ist und auch keine Unterlagen, Bilder oder oder Herbariumsexemplare des Holotyps vorliegen und auch der Fundort der ursprünglichen Pflanze nicht mehr bekannt ist, sondern nur noch alte Zeichnungen und die schriftliche Beschreibung vorhanden sind, herrscht eine gewisse Unklarheit. Diese Unklarheit wird weiter getragen von der oben genannten wissenschaftlichen Beschreibung der Infloreszenz von Anthurium crystallinum, welche möglicherweise besser auf Anthurium besseae aff. zutrifft. Die restliche Beschreibung wiederum passt besser zur klassischen Anthurium crystallinum, wie wir sie kennen.
Auch findet man unter http://www.aroid.org, der Homepage der International Aroid Society, unter Anthurium crystallinum ein Beispielbild einer Pflanze, die wir heute sicherlich als Anthurium besseae aff. bezeichnen würden. Diese Pflanze stammt aus späteren Funden aus den 80er-Jahren in der Provinz Darién in Panama.
Doch handelt es sich hierbei um dieselbe Spezies?
Handelt es sich bei Anthurium besseae aff. etwa um Anthurium crystallinum? Eine neue Spezies oder Subspezies? Oder gar eine Form? Man weiß es zum aktuellen Zeitpunkt nicht sicher.
Verkompliziert wird diese Situation noch durch andere Umstände. Im Hobby gibt es mindestens noch zwei weitere Pflanzen, welche den oben genannten sehr ähnlich zu sein scheint. Mindestens eine von diesen wurde zu einem gewissen Zeitpunkt ebenfalls unter dem Namen Anthurium besseae aff gehandelt. Bei Letzterer handelt es sich um Anthurium sp. nov. Darién. Die erstgenannte wird unter dem eher allgemein gehaltenen Namen Anthurium crystallinum aff. gehandelt. Bei diesem Namen ist zudem zu diskutieren, ob es nicht der passendere Name anstelle Anthurium besseae aff. gewesen wäre.
Anthurium crystallinum aff. zeichnet besonders der große Wuchs aus. Anthurium sp. nov. Darién weist eine D-förmige Petiole auf, während die grundsätzlichen Eigenschaften beider Pflanzen ähnlich der anderen "Esqueletos" zu sein scheint. Der Begriff "Esqueletos" (Plural von Esqueleto, Spanisch für Skelett) wurde von Jay Vannini passenderweise aufgrund der prägnanten Venenstruktur für diese Gruppe von Pflanzen geprägt.
Zudem muss erwähnt werden, dass durch die züchterische Praxis vieler Gärtnereien höchstwahrscheinlich auch einige Hybride unter dem Namen Anthurium besseae aff. im Umlauf sind. Zudem hat sich das Erscheinungsbild der verkauften Pflanzen mit den Jahren verändert. So erhielt man kurz nach Erscheinen der Spezies Anthurium besseae aff. häufig solche o.g. Pflanzen mit dunklem Erscheinungsbild und ölig-blauen neuen Blättern, während man heutzutage eher grünliche Pflanzen erhält. Inwieweit dies erklärbar ist, bleibt Material für Spekulation.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass unter dem Namen Anthurium besseae aff. eine tendentiell undefinierte Masse an Pflanzen kursiert, von der nicht klar ist, ob es sich um eine oder mehrere Spezies, Subspezies, Formen oder gar Hybride handelt.
Indiskutabel ist allerdings der insgesamt sehr große ästhetische Wert dieser Pflanzen und die Faszination die von ihnen nicht zuletzt aufgrund der oben genannten Unklarheiten ausgeht.
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